Supermond 2016 1


Der Supermond 2016 in den Medien

Alle Jahre wieder kommt er zu uns: der Hype um den Supermond (oder wahlweise konkreter und einen Tick genauer: der Supervollmond). Es ist ein relativ junger Hype und der Begriff („super moon“) wurde tatsächlich erst im Jahr 2011 geprägt. Seitdem werden die Behauptungen und Ankündigungen der Medien Jahr um Jahr spektakulärer.

Am Montag, 14. November 2016, gibt es für Himmelsgucker ein seltenes Naturschauspiel zu beobachten: Der größte Supermond seit 70 Jahren geht auf! Sozusagen ein „Super-Supermond“.
Der Supermond wird von der Sonne voll angestrahlt und ist dabei der Erde so nah wie zuletzt im Jahr 1946. Am Himmel erscheint der Mond dann um 14 Prozent größer, das entspricht etwa dem Unterschied von einer Ein-Euro- zu einer Zwei-Euro-Münze. Heute Abend leuchtet der Mond auch 30 Prozent heller als sonst. Erst am 25. Dezember 2034 (sic! Anmerkung: es ist in Wirklichkeit der 25.11.2034) wird ein Vollmond der Erde noch näher kommen. (Quelle: Merkur)

Kurz gesagt, ja, es stimmt schon, der Vollmond fällt zu diesem Zeitpunkt mit dem sogenannten Perigäum zusammen:

Das Perigäum eines Himmelskörpers heißt in engem Sinn die Position bzw. der zugehörige Zeitpunkt, womit dieser Körper auf seiner Bahn der Erde am nächsten kommt (Quelle)

Betrachtet man die zahlreichen Artikel der Journalisten und Esoteriker dieser Tage nun genauer (wie der obige Auszug zeigt), möchte man meinen, dass dieses Zusammenspiel etwas seltenes ist. Die Wahrheit ist aber: das Perigäum wird pro Umlauf eines Himmelskörpers, der elliptisch um einen anderen kreist, ein Mal erreicht. Im Falle des Mondes also je Mondzyklus, also einmal etwa alle 29,5 Tage. Dann müsste ja jeder Vollmond ein Supervollmond sein, oder?
Wir müssen hier nicht zu sehr ins Detail gehen, doch aufgrund einiger astronomischer Gesetzmäßigkeiten verschiebt sich das Perigäum pro Umlauf auf Grund der sog. Anomalistischen Umlaufzeit des Mondes, die nur 27,5 Tage dauert. Genauer nachzulesen hier. Das bedeutet:

Im Schnitt fallen Vollmond und Erdnähe alle 13,6 Monate zusammen. Dabei kommt der Vollmondtermin typischerweise an drei bis vier aufeinanderfolgenden Monaten dem Perigäum recht nahe.

Was heißt das nun konkret? Das Perigäum des Mondes ist nicht bei jedem Zyklus genau gleich weit weg, deswegen gibt es hier auch wieder Unterschiede und so ist der eine Perigäumsvollmond näher als der Andere. Die Unterschiede sind jedoch so minimal, dass sie mit dem bloßen Auge nicht wahrzunehmen sind. Die Beschreibung vom Merkur oben, möchte ich deswegen noch einmal hernehmen, um den Hype zu erläutern:

„Der Supermond wird von der Sonne voll angestrahlt“ –> Das trifft auf jeden Vollmond, jeden Monat erneut zu.
„Am Himmel erscheint der Mond dann um 14 Prozent größer“ –> Das trifft auf jeden Perigäumsvollmond zu, denn die Unterschiede des Perigäums sind minimal. Ob es nun 13,9 oder 14,1 Prozent sind, macht am Ende keinen großen Unterschied. Dazu mal ein paar konkrete Zahlen, damit man sich auch vorstellen kann, von welchen Größenordnungen wir hier sprechen:

Datum: Entfernung des Mondes zum Erdmittelpunkt
04.01.1912: 356.375,4 km
14.01.1930: 356.395,9 km
26.01.1948: 356.458.7 km
14.11.2016: 356.510.3 km
02.01.2018: 356.567.6 km
25.11.2034: 356.445.9 km
06.12.2052: 356.421.1 km
01.01.2257: 356.371.2 km
(Quelle)

Wir stellen folgendes fest:

  • Die Entfernungsunterschiede, um die es uns hier geht, sind minimal.
  • Das Vollmondperigäum entfernt sich seit längerem schon immer weiter von der Erde, erreicht erst in Zukunft einen neuen Peak und nähert sich dann wieder.
  • Der heutige Supervollmond ist auf gar keinen Fall irgendeine Art von Rekord.
  • Der Perigäumsvollmond von Heute mag zwar seit langem mal wieder (entfernt) in die Nähe der Rekordwerte der Vergangenheit kommen, doch ist z.B. der Vollmond in 14 Monaten wieder fast genauso nah. Die 57 km, die er im Maximum weiter weg ist, muss man bei dem heutigen Perigäum erst mal zeitlich abpassen. Machen wir dann erneut ein Fass auf? „Der größte Supervollmond seit 14 Monaten! Das nächste Mal erst wieder in 20 Jahren!“

Neben dieser Übertreibung in den bekannteren Medien, findet man dann auch Aussagen in Esoterik-Blogs wie etwa diese:

Von einem Supermond ist übrigens die Rede, wenn die Mondin der Erde näher ist als 367.607 Kilometer (Quelle)

In Hinblick auf die obere Liste der Entfernungen, erschließt sich nicht, wie man darauf kommt; der Radius der Erde beträgt etwas über 6000 Kilometer – ein Vollmond-Perigäum mit weniger als 361-tausend Kilometern zum Erdmittelpunkt haben wir vermutlich mehrmals im Jahr. Sollte das stimmen, ist ein Supermond wahrlich nichts besonderes mehr und wir nennen einen Vollmond einfach in 50% der Fälle Supermond.  Es zeigt aber auch sehr gut, wie ein Hype aufgenommen, mit fehlerhaften Daten befüllt, weitergetragen und noch mal laut rausgeschrien wird:

In dieser Nacht erwartet uns nicht nur eine Super-Mondin, sondern eine Super-Super-Super-Mondin! (Quelle)

Super-Super-Super!  Warum eigentlich nicht gleich Megahyperkrassmond?

„Aber ich habe den Mond gesehen, der ist wirklich riesig (und super)!“

Die Erklärung dafür liegt hier vermutlich – zusätzlich zu den 14% – in einem Phänomen namens „Mondtäuschung„:

Viel auffälliger als der Größenunterschied des Mondes in Erdnähe und Erdferne ist die so genannte Mondtäuschung. Die Mondtäuschung ist eine optische Täuschung, durch die Mond und Sonne in Horizontnähe größer erscheinen als bei größerer Höhe am Firmament, obwohl es dafür keine physikalische oder astronomische Ursache gibt.

Und hier noch eine Aussage, die jeder nach den recherchierten Daten selbst bewerten darf:

Die Erde erlebt den größten Supermond dieses Jahrtausends. (Quelle)

Na und? Worum geht’s hier eigentlich?

Es geht mir nicht darum, den Vollmond schlechtzumachen, lediglich aufzuzeigen, wie unreflektiert und übertrieben die Medien (und dazu gehören die sozialen Medien auch) heutzutage mit Themen umgehen, die sich irgendwie hypen lassen. Für alle, die sich weiter an der astronomischen Betrachtung aufhängen möchten, empfehle ich diese Quelle.

Mama Killa

In der Mythologie der Inka ist Mama Killa (ausgesprochen Killja, du Schelm ;) die Mondgöttin, Großmutter Mond, wie wir sie bei den Anrufungen nennen, die weibliche Energie, das Gegenstück zu Taita Inti, Vater Sonne, der die männliche Energie repräsentiert.
In der Esoterik wird für einen Supervollmond daher alles an Symbolik zusammengeworfen, was man finden kann: Erleuchtung, Beleuchtung der inneren Nachtseite, Aufgewühlt sein, Weiblichkeit, jede Art von Esoterik-Kitsch kann hier aufgezählt werden.

Wie ein goldfarbener Herbststurm fegt die innere Reinigung alles in uns hinfort (Quelle)

Aber wir wollen hier mal nicht so negativ sein: egal, ob man die oben gezeigten Schwankungen nun mit dem bloßen Auge sehen kann oder nicht, egal, ob man sich über die Sensationslust der Medien aufregen mag oder nicht, es ist und bleibt ein Teilzeit-Rekord und aus esoterischer Sicht kann ich schon verstehen, dass man mit aufspringen und es fühlen möchte: Großmutter Mond in ihrer Vollmondgestalt ist uns näher, wenn auch nur kurz und wenn auch nur einen Katzensprung, als innerhalb der letzten 70 Jahre.

Ich bin alles, was war, alles, was ist, und alles, was sein wird. Kein Sterblicher hat jemals meinen Schleier gehoben. Die Frucht die ich erzeugt habe, ist die Sonne. (Quelle)

Mein Supermond 2016

Nichtsdestotrotz habe ich mich zu der Gelegenheit mal daran versucht, ein schönes Bild von Mama Killa nach Anleitung hinzubekommen. Die oben stehende theoretische Abhandlung schrieb ich, bevor ich das Foto machte.

Ich lief mit Stativ und Kamera in den nahegelegenen Park, der eine Anhöhe mit einem Monopterus zu bieten hat. Dort gibt es eine große Wiese, die sehr licht liegt.
Leider lief das Ganze nicht so gut, wie ich erhofft hatte; der Himmel war stark verhangen und immer wieder zogen sich Schleier vor den Mond. Damit war auch die Belichtungsmessung immer wieder unterschiedlich. Außerdem war es ziemlich kalt. Ich saß auf meinem Rucksack vor meinem Stativ und wartete auf die immer wieder lichten Momente, in denen sich der Supermond zeigen wollte. Doch ich glaube, hier und heute, ging es gar nicht um das Strahlen. Um 30 Prozent mehr. Und genau darum geht es auch bei den Hypes: größer, schneller, weiter – ich hatte das hier schon mal thematisiert. Aber auch einfach spektakulärer. Immer heller und heller musste der Mond strahlen, um uns die Art der Energie liefern zu können, die wir erwarteten. Sonst war er doch nichts wert. Was war ein dunkler Mond schon wert?

Doch mir zeigte sich der Supermond genau so: Dunkel. Kalt. Ein Brocken kalten Gesteins. Sanft in Düsternis lächelnd. Hoffnung in vollkommener Dunkelheit.

Und auch wenn das Bild rein technisch betrachtet nicht das geworden ist, was die Anleitung versprach, scharf, klar, strahlend, so ist es eben genau das, was der Supermond 2016 mir sagen wollte:

Geht raus, heult sie an, huldigt ihr, trommelt für sie, rasselt mit ihr, gebt ihr Feuer, schwimmt in ihrem Licht in einem See, verbindet euch mit ihr, dankt ihr, für das Leben, die Nachtseite des Lebens, die weibliche Energie in euch, liebt sie und verehrt sie.
Aber das könnt ihr immer machen. Bei jedem Vollmond. Bei jedem Halbmond. Bei jedem Neumond. Auch wenn ihr Licht mal nicht 30 Prozent stärker erstrahlt, sie ist immer für euch da. Auch ohne Hype.

mond



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