Katharsis | Prosa


Du zerbrichst meine Dramaturgie.
All die Worte, die ich fein säuberlich ausgewählt und zusammengefügt habe, die miteinander schwingen und tönen, eine Botschaft übermitteln, aber auf so vielen weiteren Ebenen wirken wollen: Eine alte Geschichte erzählen, unsere Geschichte, uns skizzieren und karikieren, uns absurde Gliedmaßen wachsen lassen und unsere Herzen kolorieren, während alles andere in einem schmutzigen Grau in der Bedeutungslosigkeit versinkt. Eine Bedeutungslosigkeit, die sich eine Tür offenhält, einen Tunnel aus Worten, akribisch arrangiert, ohne Ecken und Kanten und wenn, dann mit solchen, die unsere Haut aufritzen, wenn wir durch die dunklen Gänge kriechen, damit die Geschichte noch eindrucksvoller wird, es endlich Bedeutung in der Bedeutungslosigkeit zu erahnen gibt. Wie ein Schimmern auf dem weit entfernten Grund eines klaren Bergsees, ein Glitzern, welches nach all der Zeit längst ertrunken ist.
Du zerschneidest meine Dramaturgie.
Der Zwang in meinem Herzen, die Worte, Gefühle und Tränen zu komponieren als wären sie Kunst, sie schreien und schweigen zu lassen, wie ein Dirigent, der alleine in einer längst verfallenen Konzerthalle steht. Nur der Efeu, der über die brüchigen Wände rankt, hört mir zu, hört mein Herz klopfen, hört meine Hoffnung ächzen, hört meine Liebe sterben.
Du zersplitterst meine Dramaturgie.
Und ich hatte gedacht, sie würde uns ewig anhaften, an unserem Schein in der Welt, an unserem Schatten, der sich an kahle Felswände wirft und fragmentiert und verballhornt wird. Wie ein Wort, das einmal ein Wort war und nun nur noch ein Wort ist. Ein Echohall aus der Zukunft, in eine grüne Hölle geworfen, mit Flügeln wie aus Seide, seine Bedeutung zertrümmert in der Quantenrefraktion der Zeitreise.
Das Wort verblasst mit mir und die Dramaturgie wird zu kaltem Rauch, der uns nur noch in unseren Träumen belasten wird, während wir des Tags lachen und spielen, Funken fangen und Sterne pflücken, unter den liebenden Facettenaugen kleiner Aliens.
Wortlos. Farblos. Sinnlos. Hoffnungslos.
Du zertrümmerst meine Dramaturgie.
Während ich nackt und blutend auf dem Felsboden sitze und das zerbrochene Wort in meinen Händen halte, zersplittert und zersprungen, wie ein pochendes Herz aus Glas, in tausend Teile und ebenso viele Seufzer.
Du zerstörst meine Dramaturgie und das ist gut so.

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