Man hat es ja (hoffentlich) bereits mitbekommen: Ich habe angefangen meine Prosatexte zu vertonen und als Hörgeschichten auf Youtube und auf Soundcloud zu veröffentlichen. Im Zuge dessen werde ich natürlich auch auf andere Projekte aufmerksam, die sich mit einer audio(-visuellen) Aufarbeitung von Prosa beschäftigen.
Ein sehr schönes Projekt, das in seinen düsteren Grundtönen gut in meinen Blog passt, stellt dabei ‹Opfer auf Moria 1/3› dar, das es unter anderem auf Youtube und auf Vimeo zu bewundern gibt und welches ich hiermit nur wärmstens empfehlen kann.
Bei folgendem Beitrag handelt es sich um einen Gastbeitrag, in dem die Hintergründe und der Schaffensprozess des Projektes etwas genauer beleuchtet werden und die beteiligten Künstler näher vorgestellt werden.
Der provokative Story-Clip ‹Opfer auf Moria 1/3›, der zurzeit in sozialen Medien wie YouTube oder DailyMotion zu sehen ist, basiert auf der gleichnamigen Kurzgeschichte von Angelo C. Silenzio (Facebook, Tumbler, Twitter). Der Autor gestaltet darin die biblische Erzählung Gen 22,1 – 22,19 um und setzt sich dabei kritisch mit dem alttestamentarischen Gottesbild auseinander. Der Begriff ‹Story-Clip› wird hier als textgetreue Vertonung und Verfilmung einer Kurzgeschichte oder einer Novelle verstanden. Er steht der Idee des Poetry-Clips nahe und kombiniert Hörgeschichten mit Illustrationen, Filmsequenzen und Musik.
Opfer auf Moria – Ein Projekt, ein Team
Ein ganzes Jahr lang arbeiteten fünf Schweizer Künstler an dem Clip. Der Autor Angelo C. Silenzio schreibt seit über zwanzig Jahren Novellen, Kurzgeschichten und Gedichte. Die erste Fassung der Erzählung ‹Opfer auf Moria 1/3› stammt aus dem Jahr 2004. Als Hörgeschichte vertont wurde der Text von Isabel Ringgenberg. Als leidenschaftliche Schauspielerin wirkte und wirkt sie in diversen Theatergruppen und Filmprojekten mit. Zurzeit besucht sie eine Schauspielschule in London. Für den Schnitt und die Kamera war Anton Vladeka verantwortlich. Von Jugend an beschäftigt sich der Filmemacher mit den Medien Film und Fotografie und hat bereits mehrere originelle Kurzfilme produziert und veröffentlicht. Die Zeichnungen stammen von Yv Mär. Die ausgebildete Kunstmalerin malt und zeichnet seit vielen Jahrzehnten und stellte ihre Bilder seitdem in Deutschland und in der Schweiz aus. Den Soundtrack hat Viktor Vogt komponiert. Er spielt mehrere Instrumente. Einige seiner Kompositionen veröffentlichte er im Internet.
Blinder Glaube oder Nächstenliebe?
Der altestestamentarische Stoff Gen 22,1 – 22,19, in dem Abraham seinen Sohn Isaak auf Geheiß Gottes töten soll, beschäftigt Angelo C. Silenzio seit seiner Jugend. In der Bibel erscheint der Opferbefehl als Prüfung, die Abrahams Glauben und Ehrfurcht vor Gott verdeutlichen soll. Für Silenzio dagegen ist es die Geschichte eines Mannes, der alle Verantwortung an eine fremde Instanz abgibt. Sogar seinen Sohn, den er über alles liebt, ist Abraham bereit, für Gott zu töten. In Silenzios Fassung des Bibelstoffes indessen verbleibt alle Verantwortung bei Abraham. Auch hier prüft Gott ihn, jedoch auf andere Weise. Er prüft, ob Abraham zu selbstständigem Denken, zu verantwortungsvollem Handeln und zu echtem Mitgefühl fähig ist. Diese Prüfung besteht Abraham allerdings nicht, da er am Ende Gottes Befehl konsequent ausführt und seinen Sohn tötet. Während uns in der Genesis ein strafender und rachsüchtiger Gott vorgestellt wird, haben wir es in ‹Opfer auf Moria 1/3› mit einem pantheistischen Gottesbild zu tun: Gott weilt und lebt in allem, was existiert. Töten oder verletzen wir etwas Lebendiges, schaden wir zwangsläufig auch Gott.
Ein wesentlich größeres Projekt als geahnt
Die Arbeiten an dem Story-Clip begannen im Oktober 2016. Damals traf sich Silenzio zum ersten Mal mit der Vorleserin Isabel Ringgenberg. Zwischen Oktober und Januar entstanden in telefonischer Absprache mehrere Demoaufnahmen der Hörgeschichte, bis Ende Februar die definitiven Tonaufnahmen abgeschlossen werden konnten. Zeitgleich illustrierte Yv Mär die Erzählung mit rund 30 Touche- und Aquarell-Zeichnungen. In enger Zusammenarbeit zwischen dem Filmemacher Anton Vladeka, Yv Mär und dem Autor entstand bis Juni schliesslich eine textkonforme Aneinanderreihung von Märs Bildern. Was jetzt noch fehlte, war der Soundtrack. Die musikalischen Themen, die Viktor Vogt für den Clip komponiert hatte, mussten noch mit der Perkussion und den passenden Hintergrundgeräuschen kombiniert werden. Mehr Arbeit und Zeit, als man eigentlich glauben würde, kostete überdies der Feinschliff, der sich bis Ende November hinzog. Dieser umfasste Details wie etwa die Gestaltung der Bildübergange oder die Korrektur der Texte des Vor- und Abspannes. Desweiteren musste der Internetauftritt vorbereitet werden, um eine Veröffentlichung und Bewerbung des Clips in den sozialen Medien zu ermöglichen.
Wie der Titel es andeutet, gehört ‹Opfer auf Moria 1/3› zu einer dreiteiligen Serie von Erzählungen, die alle den alttestestamentarischen Moria-Stoff zum Gegenstand haben und auf unterschiedliche Weise variieren. Geplant ist es, sie im Frühling 2018 zusammen mit anderen Texten als Buch zu veröffentlichen.
Mehr Informationen zu dem Projekt finden sich auf der zugehörigen Homepage und dem Youtube-Kanal.
Man glaubt gar nicht wie viel Arbeit hinter so etwas steckt. Das müsste dem Zuschauer viel öfter verdeutlicht werden. Vielen Dank für die Einblicke :D
Vielen Dank für dein Feedback, Ani! Ja, das kann man wohl sagen ;-).