Meine Fastenhistorie – Teil 2: 2013


Vorwort

Nachdem ich ja mittlerweile den ersten Teil meines aktuellen Fastens in Holzhau gepostet habe und mir mittlerweile klar ist, dass diese Rückblicke auf vergangene Fasten-Erfahrungen nicht im Ansatz an die Intensität meiner Holzhau-Erzählung herankommen dürften, möchte ich dazu ein paar Vorworte verlieren:

Die Rückblicke sind lange her, ich habe meine Tagebuchaufzeichnungen nicht dabei und sie eigneten sich aufgrund der Konstellationen (Location, gemeinsames Fasten, Fasten im Alltag etc.) nicht für großartige, spirituelle Visionssuchen. Trotzdem habe ich immer etwas dabei gelernt – mal hatte es mehr mit meinem Körper und meinen Krankheiten zu tun, mal mehr mit meinen Themen und mal war es einfach nur die Fastenerfahrung an sich. Immer aber lernte ich immer etwas über mich selbst. Diese kurzen Rückblenden spiegeln das nicht adäquat wider.

Tatsächlich aber hatte ich gedacht, dass das Fasten hier in Holzhau anders von mir zu Text gebracht wird, als es letztlich geschehen ist und hoffentlich auch weiter geschieht. Um dafür mehr Zeit zu haben, werde ich mich deswegen für die folgenden Rückblicke noch kürzer halten, als ich es ohnehin geplant hatte und sie mehr auf die Essenz kürzen, möchte die Historie aber zum einen der Vollständigkeit halber und zum Anderen da manche der Begebenheiten auch für das aktuelle Fasten eine Bedeutung haben, in diesem Tagebuch wie geplant im etwas weniger erzählerischen Stil Teilsein lassen.

Februar 2013

Zusammen mit der Begleitung aus Falkensee und einem der beiden Freunde, die mit mir in Franzensbad waren, ging ich im Februar 2013 in Runde drei. Ich hatte mir drei volle Wochen vorgenommen, denn ich wollte endlich an den Kern meiner Krankheit kommen. Die beiden hatten nur 10-14 Tage geplant, die restliche Woche wollte ich alleine dort bleiben.

Die Zeit dort fing anstrengend an, anstrengender als die Male davor und im Gegensatz zu Falkensee wollten wir uns diesmal auf Wasser und Tee beschränken. Ab dem vierten Tag etwa ging es mir zusehends schlechter, schleichend doch auffällig. Ich wollte den Diabetes besiegen – das war mein erklärtes Ziel gewesen, doch ich war viel zu verbissen. Wieder erkannte ich nicht, was mein Körper mir sagen wollte und von Tag zu Tag litt ich mehr. Das mit dem Insulin hatte ich zwar bereits begriffen, aber es schien nichts zu verbessern – es waren diesmal nicht die Ketonkörper schuld.

In dieser Zeit las ich ein Buch, welches mir eine gute Freundin einige Zeit zuvor geliehen hatte. Wir waren gemeinsam, wie so oft, vor der Universität gesessen. Sie holte das Buch aus ihrem Rucksack, total zerknittert, ein dicker 500-Seiten-Schmöcker in Minischrift und sagte zu mir, sie habe das gerade gelesen und es hätte sie an 1/0 erinnert, ich solle es lesen:
Zen und die Kunst, ein Motorrad zu warten von Robert Pirsig.
Es erzählt die persönliche Geschichte eines Mannes, der nach Jahren in einer Nervenheilanstalt entlassen wird und versucht sich selbst wiederzufinden. Diese Erzählung ist unheimlich berührend und autobiographischer Natur. Nebenher dreht sich auf der Meta-Ebene die Geschichte um Philosophie im Allgemeinen und die große philosophische Frage nach der Essenz der Qualität.
Ich las diese 500 kleingedruckten Seiten also an etwa drei Tagen, an denen es mir immer schlechter ging. Ich hatte immer wieder das Gefühl, dass mein Gesicht einschlafen würde und andere Körperregionen taten es ihm nach. Ich schlief viel und fühlte mich immer benebelter.
Währenddessen liebte ich dieses Buch und ich würde es heute als eines der besten Werke bezeichnen, die ich je gelesen habe. Ich habe es noch und da der Kontakt zu dieser Freundin eingeschlafen ist, was ich sehr bedauere, werde ich es wahrscheinlich zur Erinnerung auch immer wieder gerne in die Hand nehmen.
Ich erkannte zum einen mich und meinen Weg und zum anderen meine eigene Sturheit in der Geschichte wieder. Nicht zuzuhören, wenn mein Körper rebellierte. Und ich zweifelte an mir und meiner Interpretation der Situation: Womöglich ging es mir deswegen so schlecht, um mir selbst zu beweisen, dass ich durchhalten kann? Ich hielt daran fest diese drei Wochen durchzuziehen.

Am siebten Tag begann ich mich übergeben zu müssen. Öfter. Immer wieder. Und glaubt mir, das macht keinen Spaß, wenn man sowieso schon eine Woche nichts mehr gegessen hat. Ich hielt trotzdem noch einen Tag durch. Doch langsam stieg Panik in mir auf. Ich ging zum x-ten Mal alle Möglichkeiten durch: Insulin, Zucker, genug zu trinken, Entgiftung, ich nahm an, dass es sich um eine sog. Rückvergiftung handelte, die durch die sich auflösenden Fettpolster stattfand. Das war nicht unlogisch und aus diesem Grund nahm ich naturheilkundliche Maßnahmen beim Fasten vor, wie z.B. Brennnesseltee, Löwenzahntee und Chlorella. Doch da diese kein bisschen anschlugen und es nur immer schlimmer wurde, musste ich an diesem Erklärungsansatz zweifeln.
Ein anderer Punkt mischte sich meiner Panik bei: wir waren in diesem Ferienpark relativ abgeschnitten von der Zivilisation. Kumpel Nr. 1 hatte bereits aufgegeben, seine Reserven reichten nicht mehr aus; da er sowieso schon schlank war, hatte er Tag 7 zur Heimfahrt genutzt. Kumpel Nr. 2 wollte an Tag 10 fahren.

Das Wochenende stand bevor und ich zweifelte langsam daran, ob ich alleine hierbleiben wollte. Ich meditierte viel, arbeitete mit meiner Mesa und wollte nicht mehr leiden, also schlug ich der Welt einen Deal vor:
Ich würde aufgeben. Mit meinem Kumpel in zwei Tagen nach Hause fahren, die drei Wochen nicht durchziehen. Wenn es mir dafür ab jetzt besser gehen würde. Und sollte es mir besser gehen, würde ich das nicht als Grund nehmen, doch zu bleiben. Deal war Deal.

In der darauffolgenden Nacht hatte ich einen Traum:
Ich war in einer Höhle und ihre Wände glitzerten. Etwas Dickflüssiges tropfte von ihnen und überall schienen nicht-materielle, grünlich schimmernde Wesen zu sein. Ich bemerkte, dass ich mit den Füßen im Wasser stand und dass dieses Wasser immer weiter stieg. Ich hatte zwar Angst, aber ich schien mich auch damit abgefunden zu haben. Ich würde ertrinken.
Ich wachte auf, Begriff zwar nicht bewusst, was der Traum mir sagen wollte, aber wie aus einem Reflex heraus googelte ich nach „Wasservergiftung“. Alle Symptome passten.
Ich eilte in die Küche, die sich im unteren Stockwerk der Ferienwohnung befand. Da wir nichts essen wollten, war natürlich auch nichts da, lediglich eines: ein herrenloser Salzstreuer, nur noch zu einem Fünftel gefüllt, vermutlich von den vorherigen Gästen.
Ich rührte mir einen Teelöffel Salz in ein Glas Wasser, trank es und legte mich hin. Drei Stunden später wachte ich auf und hatte so viel Energie wie lange schon nicht mehr und es ging mir blendend.
Eine Wasservergiftung tritt dann auf, wenn es einen gefährlichen Mangel an Elektrolyten gibt. In meiner Fehleinschätzung hatte ich, als es mir schlecht ging, sogar extra noch mehr getrunken ohne zu ahnen, es damit noch schlimmer gemacht zu haben.

Seit dieser Erfahrung achte ich darauf, beim Fasten jeden Tag ein wenig Salz aufzunehmen und es hat sich als hilfreich herausgestellt. Ich weiß nicht, warum genau ich hier eine Schwierigkeit habe, während das landläufig keine Probleme zu machen scheint und auch meine Mitfastenden nie betraf. Womöglich liegt es am Diabetes, womöglich an meinen Nieren, die einen kleinen Knacks haben, womöglich aber auch an etwas ganz anderem.
Ich fragte danach sowohl meinen Diabetologen (Diabetes-Facharzt) als auch meinen Nephrologen (Nieren-Facharzt), ob so etwas grundsätzlich möglich sei, doch beide verneinten.
Auch suchte in Fastenliteratur und im Internet nach Aussagen zu Salz und fand nur Randnotizen: die meisten Quellen sprachen davon, dass eine Entsalzung als Teil des Fastens gilt und anzustreben sei. Nirgendwo fand ich einen entsprechenden Hinweis, dass es bei bestimmten Vorerkrankungen oder Voraussetzungen auch zu Komplikationen führen konnte.
Deswegen mein Tipp an jeden, der sich das Fasten mal überlegt: Zur Not ein bisschen Salz zur Hand haben. Sollte es euch schlecht gehen, einfach mal eine Messerspitze davon aufnehmen und sehen, ob sich etwas ändert.

Auf einer anderen Ebene wies mich der Traum aber auch auf mein Thema mit dem Wasser und dem Ertrinken hin, von dem ich beim Fasten in Falkensee durch die Verbindung mit dem Regen das erste Mal erfahren hatte.

Als es mir am nächsten Tag wieder besser ging und ich mit meiner Mesa arbeitete, hatte ich bei einer schamanischen Reise zwei Visionen.
Die eine schenkte mir zum ersten Mal klare Bilder der Hintergründe dieser von mir als Teil eines Vorleben interpretierten Geschichte. Ich beschloss alles aufzuschreiben und eines Tages, wenn alle Fragmente zusammengesammelt waren, eine eigene Geschichte dazu zu schreiben, die Geschichte des Ertrunkenen.
Ich verarbeitete dieses Bild um Wasser und Ertrinken allerdings zuvor schon in den ersten Kapiteln meiner Fortsetzung zu 1/0.
Die andere Vision hatte auch etwas mit dem Wasser zu tun, war aber ganz deutlich auf die Zukunft bezogen: Ich saß zusammen mit einem Mädchen am Ufer eines kleines Sees, unter einem strahlend klaren Sternenhimmel und dem Vollmond. Ich erkannte sie nicht, ihr Gesicht war nicht vollkommen klar, doch sie war wunderschön. Das Mondlicht reflektierte auf ihren hellen Haaren und ich war glücklich.
Sie nahm meine Hand und wir schritten gemeinsam in das klare, kalte Wasser. Und tauchten. Immer tiefer. Das Wasser war kristallklar. Der Grund des Sees schien unendlich zu sein. Sie flüsterte mir zu, immer wieder:
„Ich habe so lange auf dich gewartet.“

Wenige Wochen nach dem Fasten lernte ich meine neue Freundin kennen. Ich wusste sofort, dass ich sie in dieser Vision gesehen haben musste. Eines Abends, der sehr emotional gewesen war, sagte sie zu mir, dass es sich anfühle, als hätte sie auf mich gewartet.

Auch diese Vision in Kombination mit der gesamten Begegnung verarbeitete ich in 1/0/2, erweckte dort den See zum Leben und nannte ihn „Mondsee“. Ich wusste noch nicht, dass ich ihn tatsächlich eines Tages im echten Leben besuchen würde, bei meinem ersten Fasten 2014, zu dem wir leider bereits wieder getrennt waren.

Natürlich hielt ich meinen Deal mit der Welt ein: Sie hatte mir diesen Traum und den Impuls (und wahrscheinlich auch das Salz) geschickt – dafür, dass ich aufgebe, akzeptiere, dass ich noch nicht bereit war für eine Fastenerfahrung alleine für so einen langen Zeitraum. Ich nahm das an und verließ mit meinem Kumpel die Ferienwohnung einige Tage früher als geplant.
Ich wusste aber auch: eines Tages würde es soweit sein und ich würde dafür bereit sein.

Juli 2013 – Alltag

Im Juli 2013 machte ich ein Experiment und fastete im Alltag. Allerdings nur für sieben Tage. Ich war noch Student und arbeitete nebenher als Werkstudent mit flexibler Zeiteinteilung, weswegen es kein großer Stress war.
Doch ich wollte trotzdem am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und war sehr gespannt, wie es mir dabei gehen würde.

Etwa am fünften Tag nahm ich an einer größeren Geburtstagsparty in einem Biergarten teil, zu dem unendlich viel an Essen mitgebracht wurde. Ich weiß noch, ich saß da und hatte direkt einen superlecker aussehenden Nudelsalat vor der Nase stehen. Und es war leichter als gedacht ihm zu widerstehen.

Im Großen und Ganzen war dies jedoch keine besonders großartige, spirituelle Erfahrung. Es war gut für den Zucker, aber das war es schon gewesen.


Zu den anderen Teilen der Holzhau-Erzählung geht es hier:
Teil 1: Fastentagebuch 2016 – Große Erwartungen
Teil 2: Fastentagebuch 2016 – Im Wald der Wandlung
Teil 3: Fastentagebuch 2016 – Stille
Teil 4: Fastentagebuch 2016 – Lebendige Steine
Teil 5: Fastentagebuch 2016 – Licht und Dunkelheit
Teil 6: Fastentagebuch 2016 – Das Despacho (In Arbeit)
Teil 7: Fastentagebuch 2016 – Chaos und Ordnung (In Arbeit)
Teil 8: Fastentagebuch 2016 – Retrospektive (In Arbeit)

Zu meinen Fastenhistorien:
Teil 1: Fastenhistorie 2012
Teil 2: Fastenhistorie 2013
Teil 3: Fastenhistorie 2014
Teil 4: Fastenhistorie 2015 – Teil 1
Teil 5: Fastenhistorie 2015 – Teil 2 (In Arbeit)
Teil 6: Fastenhistorie 2016 (In Arbeit)
Teil 7: Fastenhistorie 2017 (In Arbeit)

Fastentheorie:
Teil 1: Fastentheorie.


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